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Steuerberatung &
Anwaltskanzlei für Pferderecht
Daniela Lemke

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Der Pferde-TÜV -Teil 1

Alles, was Sie über Ankaufsuntersuchungen wissen müssen

Stellen Sie sich vor, Sie haben das Pferd Ihrer Träume gefunden. Es ist elegant, gut ausgebildet und scheint perfekt zu Ihnen zu passen. Doch bevor Sie Ihr hart verdientes Geld investieren, sollten Sie einen wichtigen Schritt nicht überspringen: die Ankaufsuntersuchung. Dieser "Pferde-TÜV" kann Ihnen nicht nur viel Ärger, sondern auch eine Menge Geld ersparen. Tauchen wir ein in die faszinierende Welt der veterinärmedizinischen Detektivarbeit!

Eine Ankaufsuntersuchung (AKU) ist wie ein gründlicher Gesundheitscheck für Ihr potenzielles neues Pferd. Sie gibt Aufschluss über den aktuellen Gesundheitszustand und kann verborgene Mängel aufdecken, die mit bloßem Auge nicht erkennbar sind. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen ein Haus ohne Gutachten - genau so riskant kann der Kauf eines Pferdes ohne AKU sein. Die Bedeutung einer AKU kann nicht hoch genug eingeschätzt werden: Sie schützt vor bösen Überraschungen und finanziellen Verlusten, gibt Aufschluss über die langfristige Nutzbarkeit des Pferdes, kann als Verhandlungsgrundlage für den Kaufpreis dienen und bietet rechtliche Sicherheit für beide Parteien.

Ein wichtiger Unterschied besteht zwischen Ankaufsuntersuchung und Kaufuntersuchung. Eine Ankaufsuntersuchung wird vom Käufer in Auftrag gegeben, während eine Kaufuntersuchung vom Verkäufer beauftragt wird. Dieser feine Unterschied hat weitreichende rechtliche Konsequenzen. Basierend auf dem Urteil des OLG Düsseldorf (28.05.2009, Az: I-8 U 84-08) gilt: Bei einer Kaufuntersuchung wird ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Käufers angenommen. Der Tierarzt haftet also auch gegenüber dem Käufer. Bei einer Ankaufsuntersuchung haftet der Tierarzt nur gegenüber dem Auftraggeber (Käufer), nicht aber gegenüber dem Verkäufer.

Allerdings gibt es Stimmen, die diese strikte Trennung als nicht mehr zeitgemäß betrachten. Die Haftung des Tierarztes gegenüber Dritten könnte sich nach § 311 III BGB richten, wonach der Tierarzt als Sachwalter auch gegenüber Dritten haften könnte, wenn der Verkäufer Auftraggeber des tierärztlichen Gutachtens ist. Trotz dieser Diskussion bleibt die Unterscheidung in der Praxis relevant und sollte bei der Wahl der Untersuchungsform berücksichtigt werden.

Eine Ankaufsuntersuchung ist wie eine Detektivarbeit am Pferdekörper. Je nach Umfang unterscheidet man zwischen einer kleinen und einer großen Ankaufsuntersuchung. Die kleine AKU umfasst eine allgemeine klinische Untersuchung, die Beurteilung des Allgemeinzustands, die Untersuchung von Herz, Lunge und Augen sowie die Kontrolle des Bewegungsapparats. Die große AKU beinhaltet zusätzlich eine röntgenologische Untersuchung mit meist 10-12 Aufnahmen und eventuell weitere bildgebende Verfahren wie Ultraschall.

Ein oft unterschätzter, aber entscheidender Aspekt sind Blut- und Urinuntersuchungen. Diese können Aufschluss darüber geben, ob das Pferd unter dem Einfluss von Medikamenten steht, die sein Verhalten oder seinen Gesundheitszustand beeinflussen. Besonders wichtig ist dies, um mögliche Täuschungsversuche aufzudecken. Ein scheinbar ruhiges Pferd könnte unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln stehen, oder Schmerzmittel könnten Lahmheiten verbergen. Diese Untersuchungen können auch Hinweise auf chronische Erkrankungen oder Stoffwechselprobleme geben, die bei der klinischen Untersuchung nicht offensichtlich sind. Die Kosten für diese zusätzlichen Tests können zwischen 100 und 500 Euro liegen, sind aber angesichts der potenziellen Erkenntnisse oft eine lohnende Investition.

Die Kosten für eine Ankaufsuntersuchung variieren erheblich. Eine kleine AKU kostet etwa 200-400 €, eine große AKU 500-1000 €. Wichtig: Vereinbaren Sie die Kostenverteilung schriftlich vor der Untersuchung! Es gibt verschiedene Modelle, wie die vollständige Übernahme durch den Käufer, die Teilung der Kosten oder die Übernahme durch den Verkäufer bei erfolgreicher Kaufabwicklung.

Die Interpretation der Ergebnisse einer AKU ist keine einfache Ja/Nein-Entscheidung. Es geht vielmehr darum, die Befunde in Relation zum geplanten Einsatzzweck des Pferdes zu setzen. Lassen Sie sich die Ergebnisse ausführlich vom Tierarzt erklären und fragen Sie nach möglichen zukünftigen Auswirkungen der Befunde. Berücksichtigen Sie den geplanten Einsatzzweck des Pferdes und holen Sie im Zweifelsfall eine zweite Meinung ein.

Die rechtlichen Aspekte einer Ankaufsuntersuchung sind komplex. Ein zentraler Punkt ist die Einbeziehung der AKU-Ergebnisse in den Kaufvertrag. Werden diese aufgenommen, stellen sie eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Das bedeutet, der Verkäufer garantiert, dass das Pferd die beschriebenen Eigenschaften aufweist. Dies kann sowohl Vor- als auch Nachteile haben. Wichtig zu wissen: Bei der Haftung des Tierarztes spielen Faktoren wie Behandlungsfehler und daraus resultierende Schäden eine Rolle. Die Beweislast liegt beim Geschädigten. Auch der Verkäufer kann haftbar gemacht werden, insbesondere für Mängel, die bei der AKU nicht festgestellt wurden, aber bereits zum Verkaufszeitpunkt vorlagen.

Was tun, wenn nach dem Kauf gesundheitliche Probleme auftreten? Handeln Sie schnell und strukturiert: Dokumentieren Sie alle Auffälligkeiten, informieren Sie den Verkäufer unverzüglich, prüfen Sie, ob der Mangel bereits bei der AKU hätte erkannt werden müssen, und erwägen Sie rechtliche Schritte wie Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz. Zögern Sie nicht, einen auf Pferderecht spezialisierten Anwalt zu konsultieren.

Die Qualität der AKU steht und fällt mit der Expertise des durchführenden Tierarztes. Achten Sie bei der Auswahl auf: Spezialisierung auf Pferde, Erfahrung mit Ankaufsuntersuchungen, Unabhängigkeit, moderne technische Ausstattung und gute Kommunikationsfähigkeiten.

Zum Schluss noch einige praktische Tipps für Käufer und Verkäufer:

  • Investieren Sie in eine umfassende AKU - es könnte die beste Investition sein, die Sie je
    gemacht haben.
  • Wählen Sie einen erfahrenen, unabhängigen Tierarzt.
  • Lassen Sie die Ergebnisse in den Kaufvertrag aufnehmen.
  • Seien Sie als Verkäufer transparent bezüglich bekannter Gesundheitsprobleme.
  • Dokumentieren Sie alles schriftlich.
  • Zögern Sie nicht, bei Unsicherheiten rechtlichen Rat einzuholen.

Eine Ankaufsuntersuchung mag zunächst wie ein zusätzlicher Aufwand erscheinen, doch in Wirklichkeit ist sie ein unverzichtbares Instrument, um den Traum vom eigenen Pferd nicht zum
finanziellen Albtraum werden zu lassen.

Im zweiten Teil dieses Artikels werden wir uns noch intensiver mit den rechtlichen Aspekten befassen. Welche Fallstricke gibt es bei der Einbeziehung der AKU in den Kaufvertrag? Wie weit
reicht die Haftung des Tierarztes wirklich? Und was können Käufer und Verkäufer tun, um sich bestmöglich abzusichern? Bleiben Sie dran - es wird spannend!

https://stallgefluester.de/wp-content/uploads/ausgaben/Ausgabe106.pdf

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