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Steuerberatung &
Anwaltskanzlei für Pferderecht
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Widerrufsrecht im Pferdebereich

Was Tierärzte, Schmiede und Sattler unbedingt beachten müssen – Ein aktuelles Urteil sorgt für Klarheit

Das Amtsgericht Bad Homburg hat in einem aktuellen Fall (Az.: 219 C 205/24) entschieden, dass der Widerruf eines Vertrages über veterinärmedizinische Leistungen wirksam war.

Dies führte zur Abweisung einer Klage eines Tierarztes, der knapp 600 Euro für eine Behandlung eines Pferdes in Rechnung gestellt hatte. Der Fall verdeutlicht die Bedeutung des Widerrufsrechts bei sogenannten "Haustürgeschäften" und zeigt auf, welche Pflichten Dienstleister im Pferdebereich – wie Tierärzte, Schmiede und Sattler – zu beachten haben, wenn sie ihre Dienstleistungen außerhalb ihrer Geschäftsräume anbieten.

Der Sachverhalt: Ankaufsuntersuchung und anschließende Behandlung.

Der klagende Tierarzt wurde von einer potenziellen Käuferin beauftragt, eine Ankaufsuntersuchung (AKU) an einem Pferd durchzuführen, das der Beklagten gehörte. Die Untersuchung fand auf dem Hof statt, auf dem das Pferd untergebracht war. Im Rahmen dieser Untersuchung entdeckte der Kläger eine Schwellung am vorderen linken Fesselgelenk des Pferdes, die bei einer Belastungsprobe zu einer Lahmheit führte. Aufgrund dieses Befundes empfahl der Tierarzt eine sofortige weiterführende Behandlung, die unter anderem Röntgen- und  Ultraschallaufnahmen sowie eine Hyaluron-Injektion umfasste.

Obwohl die Beklagte zunächst zögerte, stimmte sie schließlich zu, da sie sich um das Wohl des Pferdes sorgte. Im Anschluss an die Behandlung stellte der Kläger eine Rechnung in Höhe von ca. 600 Euro aus. Doch anstatt diese zu bezahlen, widerrief die Beklagte den Vertrag. Das Amtsgericht entschied zugunsten der Beklagten und erklärte den Widerruf des Vertrages für wirksam.

Die Entscheidungsgründe:

Warum der Widerruf zulässig war Im Mittelpunkt des Urteils steht die Frage, ob der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag über die tierärztliche Behandlung widerrufen werden konnte. Das Gericht stellte fest, dass es sich bei dem geschlossenen Vertrag um einen sogenannten "außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag" handelte, bei dem Verbraucher gemäß § 312g BGB ein Widerrufsrecht zusteht.

Gemäß § 312g I BGB steht Verbrauchern bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Diese Regelung soll Verbraucher vor der Überrumpelung bei spontanen Entscheidungen außerhalb der Geschäftsräume des Anbieters schützen. Da der Tierarzt den Vertrag mit der Beklagten auf dem Hof und nicht in seinen Praxisräumen geschlossen hatte, war diese Vorschrift hier anwendbar.

Wichtig ist, dass die Widerrufsfrist von 14 Tagen nach § 355 II BGB erst beginnt, wenn der Unternehmer den Verbraucher ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht informiert hat. Im vorliegenden Fall hatte der Tierarzt die Beklagte jedoch nicht über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt, weshalb die Frist nicht in Gang gesetzt wurde. Dies führte dazu, dass die Beklagte noch mehr als zwei Monate nach Abschluss des Vertrages den Widerruf wirksam erklären konnte.

Ein weiterer Aspekt, der das Widerrufsrecht hätte einschränken können, war das Erlöschen des Widerrufsrechts nach § 356 IV BGB. Dieses erlischt, wenn der Dienstleister seine Dienstleistung vollständig erbracht hat und der Verbraucher vor Beginn der Dienstleistung ausdrücklich zustimmt, dass der Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung beginnt, und wenn der Verbraucher darüber informiert wird, dass sein Widerrufsrecht mit vollständiger Leistungserbringung erlischt. Diese Voraussetzungen waren jedoch im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Was bedeutet dieses Urteil für Dienstleister im Pferdebereich?

Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für alle Dienstleister, die ihre Dienstleistungen im Pferdebereich außerhalb ihrer Geschäftsräume anbieten. Dies betrifft nicht nur Tierärzte, sondern auch Schmiede, Sattler, Pferdetrainer und ähnliche Berufsgruppen. Verträge, die nicht in den Geschäftsräumen des Dienstleisters, sondern zum Beispiel direkt im Stall oder auf dem Hof des Pferdebesitzers geschlossen werden, unterliegen besonderen rechtlichen Regelungen.

Hier sind einige wichtige Punkte, die Dienstleister beachten sollten, um ähnliche Situationen zu vermeiden:

  • 1. Aufklärungspflicht über das Widerrufsrecht: Dienstleister sind verpflichtet, ihre Kunden vor Vertragsschluss ausdrücklich über das Bestehen eines Widerrufsrechts zu informieren. Diese Information muss klar und verständlich sein und auf einem dauerhaften Datenträger – zum Beispiel schriftlich oder per E-Mail – erfolgen. Versäumt der Dienstleister dies, kann der Vertrag auch noch nach mehreren Monaten widerrufen werden.
  • 2. Dokumentation der Zustimmung: Dienstleister sollten sich von ihren Kunden schriftlich bestätigen lassen, dass diese über das Widerrufsrecht informiert wurden. Eine schriftliche Einverständniserklärung oder eine Bestätigung per E-Mail schafft Rechtssicherheit und beugt späteren Unstimmigkeiten vor.
  • 3. Verzicht auf das Widerrufsrecht: Möchte der Dienstleister noch vor Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist mit der Leistung beginnen, benötigt er die ausdrückliche Zustimmung des Kunden. Der Kunde muss sich bewusst sein, dass sein Widerrufsrecht nach vollständiger Erbringung der Dienstleistung erlischt. Diese Zustimmung sollte ebenfalls schriftlich erfolgen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
  • 4. Transparente Preisgestaltung: Besonders im Bereich der Tiermedizin oder anderer handwerklicher Dienstleistungen ist es wichtig, die Kunden vorab über die anfallenden Kosten zu informieren. Eine transparente und detaillierte Kostenaufstellung hilft dabei, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen und beugt möglichen Widerrufen aufgrund unvorhergesehener Kosten vor.
  • 5. Professionelles und kundenorientiertes Verhalten: Auch das Verhalten des Dienstleisters spielt eine wichtige Rolle. Im vorliegenden Fall wurde berichtet, dass der Kläger die Beklagte in einem Telefonat beleidigt und unter Druck gesetzt habe. Ein solches Verhalten kann nicht nur das Vertrauensverhältnis beschädigen, sondern auch dazu führen, dass der Kunde eher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht.

Fazit: Das Widerrufsrecht bei Dienstleistungen außerhalb von Geschäftsräumen

Dieses Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg unterstreicht die Bedeutung des Widerrufsrechts bei Verträgen, die außerhalb der Geschäftsräume geschlossen werden. Dienstleister, die im Pferdebereich tätig sind und ihre Leistungen oft direkt vor Ort anbieten, sollten sicherstellen, dass sie ihre Kunden ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht aufklären und die erforderlichen Zustimmungen dokumentieren.

Andernfalls laufen sie Gefahr, ihre Vergütungsansprüche zu verlieren und in rechtliche Auseinandersetzungen verwickelt zu werden. Um derartige Probleme zu vermeiden, sollten Dienstleister klare vertragliche Regelungen treffen und professionelle Standards in ihrer Kommunikation und Leistungserbringung wahren.

https://stallgefluester.de/wp-content/uploads/ausgaben/Ausgabe104.pdf

 

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