Winterliche Gefahren im Stall: Wenn der Frost zuschlägt und die Haftung droht
Der Winter bringt nicht nur romantische Schneelandschaften, sondern auch erhöhte Risiken für Pferdestallbetreiber mit sich. Von vereisten Wegen bis hin zu staubigen Stallgassen - die kalte Jahreszeit stellt Pferdehalter und Stallbetreiber vor besondere Herausforderungen. Doch wer haftet eigentlich, wenn es zu Unfällen oder gesundheitlichen Problemen kommt?
Verkehrssicherungspflicht bei Schnee und Eis
Die Verkehrssicherungspflicht bei Schnee und Eis stellt für Stallbetreiber eine bedeutende rechtliche Verpflichtung dar, die nicht unterschätzt werden sollte. Basierend auf dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 06.02.2007 (Az.: VI ZR 274/05) müssen Stallbetreiber angemessene Vorkehrungen treffen, um Schädigungen anderer abzuwenden, auch wenn nicht jeder abstrakten Gefahr vorgebeugt werden kann. Die Verantwortung der Stallbetreiber geht dabei weit über die öffentlichen Gehwege hinaus und umfasst sämtliche Wege und Flächen auf dem Grundstück, die von Einstellern, Besuchern und Mitarbeitern genutzt werden. Dies beinhaltet Zufahrten und Zugänge zum Stall, Wege zu Mülltonnen und Parkplätzen, Bereiche um Misthaufen und Koppeln, Laubengänge vor Mitarbeiterwohnungen, Stallgassen, Putzplätze sowie Ausreitplätze und Wege zu den Paddocks. Die Räum- und Streupflicht beginnt in der Regel mit Tagesanbruch und endet bei Einbruch der Dunkelheit, wobei in Ställen mit Nachtbetrieb diese Pflicht auch auf die Nachtstunden ausgedehnt werden kann. Bei anhaltendem Schneefall oder Eisregen kann es erforderlich sein, mehrmals täglich zu räumen und zu streuen. Um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen, sollten Stallbetreiber regelmäßige Kontrollen der Wege und Flächen durchführen, rechtzeitig und gründlich Schnee räumen, bei Glatteisgefahr mit geeigneten Mitteln streuen, die durchgeführten Maßnahmen dokumentieren und Räumgeräte sowie Streumaterial bereitstellen.
Für Reitanlagen gelten besondere Anforderungen, da hier nicht nur Menschen, sondern auch Pferde sicher passieren müssen. Der Weg zur Nutzung der einzelnen Bereiche muss so breit geräumt werden, dass ein Reiter mit Pferd an der Hand unproblematisch, ohne auf Eis zu gelangen oder ins Rutschen zu kommen, zu seinem Ziel gelangen kann. Kommt ein Stallbetreiber seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nach und es kommt zu einem Unfall, kann er haftbar gemacht werden. Dies kann Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeldforderungen nach sich ziehen. Um sich abzusichern, ist der Abschluss einer umfassenden Betriebshaftpflichtversicherung ratsam.
Stallbetreiber haben auch die Möglichkeit, die Räum- und Streupflicht an Dritte zu übertragen, beispielsweise an einen Hausmeisterdienst oder einen gewerblichen Räumdienst. Hierbei ist es wichtig, dass die Übertragung vertraglich klar geregelt ist und die beauftragte Partei zuverlässig ihren Pflichten nachkommt. Die Verkehrssicherungspflicht bei Schnee und Eis erfordert von Stallbetreibern ein hohes Maß an Sorgfalt und Umsicht. Durch proaktives Handeln und die Implementierung eines effektiven Winterdienstplans können sie nicht nur ihrer rechtlichen Verpflichtung nachkommen, sondern auch die Sicherheit aller Nutzer ihrer Anlage gewährleisten und potenzielle Haftungsrisiken minimieren.
Staubentwicklung und Atemwegserkrankungen
Die Staubentwicklung in Pferdeställen stellt ein erhebliches und oft unterschätztes Gesundheitsrisiko für Pferde dar. Insbesondere die Atemwege der Tiere reagieren äußerst empfindlich auf Staubpartikel, was zu schwerwiegenden Erkrankungen führen kann. Eine hohe Konzentration luftgetragener Partikel führt häufig zu vermehrter Schleimbildung in der Luftröhre und einer erhöhten Anzahl von Entzündungszellen. Dies kann der Auslöser für akute und chronische Atemwegserkrankungen sein, wobei die chronisch obstruktive Bronchitis (COB) eine der gravierendsten Folgen darstellt.
Die Ursachen für eine erhöhte Staubbelastung im Stall sind vielfältig. Neben dem Kehren der Stallgasse, spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Dazu gehören die Art der Einstreu, die Qualität des Heus, die Belüftung des Stalls und sogar das Putzen der Pferde. Stallbetreiber tragen eine besondere Verantwortung für die Gesundheit der eingestellten Pferde. Sie sind verpflichtet, angemessene Vorkehrungen zu treffen, um Schädigungen der Tiere zu verhindern. Dies umfasst Maßnahmen zur Staubreduzierung wie die Verwendung staubarmer Einstreumaterialien, eine ausreichende Belüftung des Stalls und die Bereitstellung von qualitativ hochwertigem, staubarmem Futter.
Wird einem Stallbetreiber nachgewiesen, dass er diese Sorgfaltspflichten vernachlässigt hat und dadurch eine Erkrankung wie COB bei einem Pferd verursacht wurde, kann er haftbar
gemacht werden.
Haftung und Verantwortung
Grundsätzlich übernimmt der Stallbetreiber mit dem Einstellvertrag eine Obhutspflicht für die ihm anvertrauten Tiere. Diese Pflicht umfasst nicht nur die Bereitstellung einer geeigneten Unterkunft, sondern auch die Sicherstellung einer gesunden Umgebung und die Vermeidung von Gefahrenquellen. Im Schadensfall liegt die Beweislast beim Stallbetreiber. Er muss nachweisen können, dass er alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, um Schäden zu vermeiden. Kann der Stallbetreiber diese Sorgfaltsmaßnahmen nicht ausreichend nachweisen, droht ihm im Schadensfall eine Haftung gegenüber dem Pferdehalter. Die Schadensersatzpflicht kann dabei erhebliche finanzielle Dimensionen annehmen. Sie umfasst nicht nur die unmittelbaren Tierarztkosten für die Behandlung der erkrankten Pferde, sondern kann sich auch auf Folgeschäden erstrecken. Dazu können gehören:
- Kosten für eine längerfristige medizinische Versorgung
- Verdienstausfälle, wenn das Pferd beispielsweise für Turniere oder den Reitunterricht nicht mehr eingesetzt werden kann
- Eine Wertminderung des Pferdes, wenn es aufgrund der Erkrankung nicht mehr voll einsatzfähig ist
- In schweren Fällen sogar der Wert des Pferdes, sollte es aufgrund der Erkrankung versterben
Risiken für Stallbetreiber und Schutzmaßnahmen
Stallbetreiber sind einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt, die von Unfällen durch Glätte bis hin zu gesundheitlichen Schäden der Pferde durch mangelnde Hygiene reichen. Um sich zu schützen, sollten Stallbetreiber folgende Maßnahmen ergreifen:
- Regelmäßige Kontrolle und Dokumentation der Sicherheitsmaßnahmen
- Abschluss einer umfassenden Betriebshaftpflichtversicherung
- Klare vertragliche Regelungen mit den Einstellern
- Schulung des Personals in Sicherheits- und Hygienevorschriften
- Regelmäßige Wartung und Pflege der Stallanlagen
Empfehlungen für Einstaller
Auch Pferdebesitzer können zum Schutz ihrer Tiere beitragen:
- Regelmäßige Kontrolle der Stallbedingungen
- Offene Kommunikation mit dem Stallbetreiber bei Bedenken
- Abschluss einer Tierhalterhaftpflichtversicherung
- Dokumentation des Gesundheitszustands des Pferdes
- Bereitstellung geeigneter Ausrüstung für das Pferd (z.B. Decken bei Kälte)
In der kalten Jahreszeit ist besondere Vorsicht geboten. Durch umsichtiges Handeln und klare Absprachen können sowohl Stallbetreiber als auch Einstaller dazu beitragen, dass der Winter für alle Beteiligten sicher und angenehm verläuft.
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